Offener Brief an Herrn Max Alpert

Herr Alpert hatte auf der Internetseite der Grünen die folgende Stellungnahme abgegeben:

Hallo liebe Börnsenerinnen und Börnsener,

da ich mich von einer Frage in der letzten Börnsener Rundschau direkt angesprochen gefühlt habe, möchte ich dazu eine kleine Stellungnahme beziehen. Unser derzeitiger Bürgermeister Herr Heisch gab an, während seines baldigen wohlverdienten Ruhestandes Psychologie studieren zu wollen, da ihm unter anderem eine Frage besonders beschäftigt: Warum sympathisieren junge Menschen, die nach Börnsen gezogen sind, mit den GRÜNEN, obwohl diese neuem Zuzug eher kritisch entgegenstünden?

Als ich vor gut zwei Jahren nach Börnsen gezogen bin, war ich zunächst von der Natur, der Offenheit der Menschen und dem regem Dorfleben beeindruckt. Deswegen ist Börnsen ein Ort, den ich gern als charmanten Wohnort weiterempfehle. Ich engagiere mich zudem seit längerem auch bei Bündnis 90/Die GRÜNEN in Börnsen und kann wohl mit Sicherheit sagen, dass Die GRÜNEN nie dem Recht auf freie Wohnortwahl entgegen treten würden. Wie entsteht nun der Eindruck, dass Die GRÜNEN keinen Zuzug möchten?

Als ich mit dem Rad zum ersten Mal zum Kindergarten gefahren bin, um dort mein Kind für einen Betreuungsplatz anzumelden, sind mir sofort zwei Dinge aufgefallen. Einerseits endet der Radweg bevor man den Kindergarteneingang überhaupt erreicht hat und weiterhin habe ich erstmal eine Absage für einen Krippenplatz bekommen, da diese überfüllt ist. Wenn ich jetzt dem „Warum?“ nachgehe, konnte ich feststellen, dass die Kindergartengröße zum einem zur jetzigen Dorfgröße auf Kante genäht ist und dass der Kindergarten zum anderen kaum noch Ausbaufähigkeiten bietet, ohne größere Investitionen tätigen zu müssen. Des Weiteren weiß ich aus den Ausschüssen der Gemeinde, dass auch keine Erweiterung der Betreuungsplätze geplant ist, obwohl ein neues Neubaugebiet geplant ist.

Die Grünen haben in den letzten Jahren mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Vergrößerung der Einwohnerzahl Börnsens auch einen Ausbau der sozialen (Kita, Schule, Sportvereine) und baulichen (Oberflächenwasser, zusammenhängendes Verkehrskonzept) Infrastruktur mit sich führen muss. Diese wurden in den letzten Jahren jedoch nicht ausreichend mitberücksichtigt, sodass es beispielsweise auch durch mangelnde wasserbauliche Infrastruktur zu Problemen mit dem Oberflächenwasser kam.

Bei allem Kahlschlag von Äckern und Bäumen für Neubaugebiete ist es zudem nun mal ein tiefes „grünes“ Anliegen auch für den Erhalt der Natur zu sorgen und dies in allen Planungen stets mit einzubeziehen. Daher kommt es vor, dass in den Sitzungen der Gemeindevertretung, in denen es um den Ausbau der Neubaugebiete geht, die genannten Faktoren nicht genügend berücksichtigt und Lösungen für diese angestrebt wurden und daher ein negatives Votum von der GRÜNEN Fraktion herausspringt. Dies hat also nichts mit einer generellen Abneigung gegen neuen Zuzug zu tun, sondern mit dem Anspruch das Beste für Börnsen zu wollen und Börnsen so lebenswert für alle zu erhalten.

Ihr Max Aöpert

 

Darauf jetzt meine Antwort:

 

Sehr geehrter Herr Alpert,

ich freue mich immer, wenn unsere Börnsener Bürger, egal ob neu zugezogen oder alt eingesessen, und egal welcher Partei zugehörend, die Börnsener Rundschau lesen. Da mir in Ihrer Stellungnahme einige Punkte nicht stichhaltig genug erscheinen, möchte ich Ihnen diese erklären.

Stichwort Oberflächenwasser: Ausgerechnet in den Neubaugebieten gibt es überhaupt kein Problem. Warum? Weil dort die Entwässerung vorschriftsmäßig und nach strengen Auflagen der Wasserbehörde des Kreises vorgenommen wird. Durch die Baumaßnahmen hat es keine Verschärfung des bereits (mehr oder weniger) vorhandenen Systems gegeben.

Stichwort Kita: Es ist bedauerlich, dass Sie für Ihr Kind nicht sofort einen Kita-Platz erhalten haben. Aber: Wie viele freie Plätze soll die Gemeinde vorhalten, damit alle Eltern sofort einen Platz für ihre Kinder bekommen können? Mit der Folge, dass alle anderen Eltern ihren Beitrag dafür mit höheren Gebühren leisten müssten?

Die Auslastung einer Kita ist ein sehr schwieriger Prozess. Man muss immer zwischen der Unterbringung und den Kosten abwägen. Teilweise sind auch freie Plätze von auswärtigen Kindern belegt, da zu dem Zeitpunkt kein Börnsener Kind einen Platz benötigt hat.

Zu Ihrer Aussage, es wurde angesichts neuer Baugebiete nicht über eine Erweiterung nachgedacht: Falsch! Sie haben Recht, wenn es keine Erweiterungsmöglichkeit bei unserer Kita gibt. Aber darüber denkt hoffentlich auch kein verantwortungsvoller Gemeindevertreter ernsthaft nach. Unsere Kita hat bereits jetzt eine Größe erreicht, die manchen Kindern Angst macht. Eine noch größere Kinderzahl an dieser Stelle wäre den Kindern nicht zuzumuten. Also muss man nach anderen Lösungen suchen! Ich habe bereits mit der Kirche über die Möglichkeit eines neuen Standortes für einen – dann kirchlichen Kindergarten – gesprochen. Nach Lösungen wird also gesucht. Im Übrigen dürfen sich gerne alle Gemeindevertreterinnen und –vertreter aufgerufen fühlen, sich über anderweitige Möglichkeiten Gedanken zu machen. Es müssen nicht immer nur die von der SPD und der CDU sein!

Stichwort Schule: Hier bedarf es keiner Worte, unsere Schule ist für die Zukunft bestens gerüstet.

Stichwort Sportvereine: Die GRÜNEN Gemeindevertreter beteiligen sich jetzt mit an der planerischen Gestaltung des neuen Sportplatzes und der neuen Sporthalle, obwohl sie im Vorwege nichts zur Möglichkeit des Entstehens beigetragen haben. Ohne Neubaugebiete und die dadurch erzielten Mittel gäbe es nicht die geringste Chance, so etwas jemals entstehen zu lassen.

Und noch ein Punkt, den Sie nicht explizit erwähnt haben, der aber gut dazu passt:

Stichwort Gewerbe: Mit ähnlichen Argumenten wie gegen neue Wohnbebauung sind Ihre Parteifreunde auch gegen Gewerbeansiedlung. Dazu kann ich nur sagen: Ohne die dadurch erzielte Gewerbesteuer bräuchten wir keine Kommunalwahlen und keine Gemeindevertreter. Dann würde ein Verwaltungsangestellter im Amt genügen, um die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben zu erfüllen. Sitzungen von Ausschüssen und der Gemeindevertretung könnten mangels Masse (Geld) ausfallen.

Stichwort Verkehr: In diesem Punkt gebe ich Ihnen teilweise Recht. Mit zusätzlichen Einwohnern ist auch mehr Verkehr verbunden. Aber davon einmal abgesehen: Warum machen sich die Menschen immer nur Gedanken über den durch Verkehr erzeugten Lärm vor ihrer Haustür? Fast jeder von uns fährt jeden Tag mit seinem Auto durch andere Orte und erzeugt dort Lärm, für den die dort Wohnenden nichts können. Wäre es von daher nicht viel sinnvoller, wir alle würden mal überlegen, ob jede Fahrt mit dem Auto auch wirklich sein muss?

Stichwort Landschaftsverbrauch: Bei jedem realisierten Bebauungsplan wurden große Ausgleichsflächen geschaffen, auf denen Tiere sicher deutlich besser leben als auf den Monokulturflächen der Landwirte. Vom Thema Glyphosat will ich gar nicht reden.

Walter Heisch

Bürgermeister